Dass Deutschland ein Land der „old economy“ ist, zeigt sich immer wieder im Bohei, das um die Handelsbilanz gemacht wird. Diese Woche war es wieder soweit. Das Statistische Bundesamt legte die Abrechnung für 2018 vor. Überschrift: Kraftfahrzeuge sind unser wichtigstes Exportgut! Das ist wieder Wasser auf die Mühlen derjenigen, die uns den permanenten Überschuss der Ausfuhren vorhalten.
Doch die reine Betrachtung der Warenströme ist in der heutigen Zeit ein Anachronismus. Selbst die Betrachtung der Leistungsbilanz, also die Berücksichtigung von Dienstleistungs- und Geldströmen, liefert nur ein unvollständiges Bild. Denn Deutschland ist Teil der EU. Die Bilanz des gesamten europäischen Binnenmarkts sieht anders aus. Das gilt insbesondere für die Geschäfte mit den USA, wie eine SZ-Grafik aus dem vergangenen Jahr zeigt.
Wenn die Außenhandelsbilanz etwas verdeutlicht, dann ist es die ungesunde Abhängigkeit unserer Volkswirtschaft vom (Kraft-)Maschinenbau. Entsprechend groß ist die Aufregung, wenn unser Exportschlager als Sicherheitsgefahr eingestuft wird (wohlgemerkt nicht aufgrund von Crashtests oder Emissionswerten sondern wegen seiner bloßen Existenz).
Breiteres Portfolio notwendig
Sollte das blondierte Staatsoberhaupt auf der anderen Seite des Großen Teichs tatsächlich in deutschen Kfz eine ähnliche Bedrohung sehen wie in Einwanderern und neben der Beton- auch eine Zollmauer errichten wollen, dann kann man den Verantwortlichen in Brüssel nur raten, bei der Suche nach passenden Antworten nicht nur die Warenlisten zu studieren. Der Fokus muss sich auch auf die durchweg US-amerikanischen Digitalgrößen richten.
Und für Deutschland sollte die Handelsbilanz Ansporn sein, sich bei seinem Waren- und vor allem bei seinem Dienstleistungsportfolio künftig viel breiter aufzustellen. Denn in der „new economy“ sind wir nach wie vor Entwicklungsland – oder wie Mutti sagen würde: Neuland.
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