Diplomatische Spannungen durch Dieselgate

3. Teil der Skandal-Analyse: Die VW-Untersuchungskommission rügte auch Fahrzeuge ausländischer Hersteller für ihre Emissionen, insbesondere Fiat. Das sorgt für Unmut in Italien.

Zwei Ziegen duellieren sich mit ihren Hörnern.
Bild: Pixabay / HBieser

Die „Untersuchungskommission Volkswagen“ testete auch viele Fahrzeuge, die ihre Typgenehmigung im Ausland erhielten. Die teilweise drastische Erhöhung der Stickoxidemissionen außerhalb des Prüfstands konnte sie aber nicht im gleichen Maß ahnden wie bei den einheimischen Herstellern. Insbesondere beim Fiat-Konzern zeigten sich die Grenzen der Handlungsmacht für Verkehrsminister Dobrindt.

Der Prüfbericht wies für die Alfa Romeo Giulietta im realen Verkehrsgeschehen einen fast achtmal höheren Stickoxidausstoß aus. Beim Fiat Ducato wurde ein neunfach erhöhter Wert gemessen als der Grenzwert vorsieht. Der Jeep Cherokee lag beim Test auf der Straße sogar bis zu 12,5-fach über dem Grenzwert. Angesichts dieser Resultate nahm man weitere Fahrzeuge des Konzerns unter die Lupe. Dabei stellte sich heraus, dass ein Fiat 500X die Abgasrückführung nach 22 Minuten Fahrbetrieb gänzlich abschaltet.

Wie Dobrindt vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss zu Protokoll gab, zeigte sich ein Fiat-Vertreter bei einer ersten Besprechung der Ergebnisse zunächst ahnungslos. Ein weiteres Treffen habe der Hersteller dann platzen lassen. Begründung: ausschließlich die italienische Typgenehmigungsbehörde sei für diese Frage zuständig. Das führte zu diplomatischen Verstimmungen zwischen beiden Ländern. Die italienischen Behörden mochten der deutschen Schlussfolgerung nicht zustimmen, wonach in den Fahrzeugen illegale Abschalteinrichtungen zum Einsatz kommen.

Vertragsverletzungsverfahren

Der Fall ist noch nicht entschieden. Dobrindt forderte im Untersuchungsausschuss, die von ihm zu Hilfe gerufene EU-Kommission dürfe den Streit nicht nur moderieren. Sie müsse vielmehr eine Schiedsrichterrolle einnehmen. Die Wettbewerbshüter in Brüssel scheinen dem Wunsch nachzukommen. Im Mai 2017 wurde gegen Italien wegen der Angelegenheit ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Eine FCA-Sprecherin hatte im November 2016 auf Nachfrage noch erklärt, dass alle Dieselfahrzeuge die „einschlägigen Emissionsanforderungen“ einhielten. Dies hätten die zuständigen italienischen Behörden bestätigt. Sie verwies auf ein seit April 2016 durchgeführtes Update für die Euro-6-Motoren, um das Emissionsverhalten der Modelle unter realen Straßenbedingungen „weiter zu verbessern“. Die im Bericht der VW-Untersuchungskommission beanstandeten Autos des Fiat-Konzerns sind allerdings alle nach Euro 5 typgenehmigt.

Renault und Suzuki wollen nachbessern

Auch die meisten anderen Hersteller, deren Modelle beim Test der Untersuchungskommission beanstandet wurden, beharren auf dem Standpunkt, dass ihre Fahrzeuge im Einklang mit der europäischen Gesetzgebung stehen. Ford, Hyundai, Jaguar/Land Rover und Nissan sahen auf Nachfrage keine Notwendigkeit zu einer Nachbesserung. Doch auch hier lagen die Werte im Realbetrieb deutlich über denen der genormten Prüfstandsmessung und dem Grenzwert, im Fall von Land Rover bis zum 14-fachen.

Dagegen kündigten Renault und Suzuki Nachbesserungen für ihre Aggregate an. Eine Anpassung der Software der Einspritzanlage zur Minderung des Stickoxidausstoßes werde ab Werk bereits umgesetzt, sagte Martin Zimmermann, Kommunikationsvorstand der Renault Deutschland AG, im März 2017. „Wir erwarten, dass die Umsetzung des Aktionsplans für Dieselfahrzeuge im Feld in den kommenden Monaten starten wird.“ Kunden wolle man durch ein Anschreiben aktiv informieren. Suzuki arbeitet nach eigenem Bekunden mit Motorenlieferant FCA an einem Softwareupdate.

Im vierten Teil der Serie über Dieselgate: Gutachter hält Thermofenster für unzulässig

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