Rechenspiele

Angesichts des aktuellen Streits um Verteidigungsausgaben plädiere ich dafür, Verkehrserziehung zu einer defensiveren Fahrweise künftig diesem Etat zuzuordnen.

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Bild: Pixabay / ariesa66, CC0 Creative Commons

Diese Woche haben sich die NATO-Mitglieder um die Verteidigungsausgaben und deren Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt gestritten wie die Kesselflicker. Im „Spiegel“ las ich hierzu das wunderbare Zitat von Hans Matthöfer. Der war in den 70er-Jahren unter Helmut Schmidt Finanzminister. Schon damals forderte er bei der Berechnung des Wehretats die Tatsache zu berücksichtigen, dass deutsche Soldaten „alle lesen und schreiben“ könnten und deutlich weniger Drogenprobleme als die GIs hätten.

Die Verhandlungsführung im Zeitalter der alternativen Fakten könnte also ganz einfach sein. Man sollte einfach so lange Ausgaben der anderen Ministerien dem Verteidigungshaushalt zuordnen, bis man die vom US-Präsidenten geforderten vier Prozent erreicht hat. Es scheint kein Zufall zu sein, dass der Late-Night-Talker Stephen Colbert, der in den USA inzwischen einer der größten medialen Gegenspieler Trumps ist, seinem Staatsoberhaupt den „Spiegel“ als Waffe gegen Merkel in die Hände legt.

Andere Zahlen dagegen stehen da wie ein Fels in der Brandung – oder besser: Grabstein in der Witterung. Das ist das passendere Bild für die gestern veröffentlichte Statistik von 3.180 Menschen, die 2017 im Straßenverkehr in Deutschland ums Leben gekommen sind. Dass diese Personen vor etwas über 18 Monaten noch alle am Leben waren, ist traurige Gewissheit. Ebenso der Ort ihres Ablebens. Da hilft es auch nicht, dass die Zahl der niedrigste Wert seit 60 Jahren ist. Im Schnitt neun Tote und 1.100 Verletzte pro Tag (!) sind inakzeptabel. Jedes andere Produkt würde mit solch einer Bilanz sofort verboten werden.

Verkehrserziehung aus dem Verteidigungshaushalt

Da aber selbst die kleinste Einschränkung motorisierter Individualmobilität hierzulande politischer Selbstmord ist, müssen wir weiter an die Vernunft der Stärkeren appellieren. Denn sie haben laut diesem Video mehrheitlich Schuld an einem Zusammenstoß mit schwächeren Verkehrsteilnehmern. Laut Umfrage halten Autofahrer allerdings Radfahrer für das größte Sicherheitsrisiko. Vielleicht hilft beim Umdenken noch folgende Zahl: Innerorts sterben viermal mehr Fußgänger, Fahrrad- und Motorradfahrer als Pkw-Fahrer (s. S.15 im PDF).

Ich hoffe, der Appell hat höhere Erfolgsaussichten als Verhandlungen mit dem mächtigsten Riesenbaby der Welt. Apropos: Verkehrserziehung zu einer defensiveren Fahrweise müsste sich doch eigentlich auch dem Verteidigungshaushalt zurechnen lassen, oder?

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