Checkliste der Versäumnisse

Das Gutachten des Umweltrats zur Verkehrswende dürfte bei einer GroKo des kleinsten gemeinsamen Nenners auf taube Ohren stoßen. Immerhin liefert es uns schon heute eine To-Do-Liste für die neue Regierung 2021.

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Bild: Pixabay / geralt, CC0 Creative Commons

„Es ist […] Aufgabe der Politik, die anstehende Verkehrswende im Dialog mit allen Akteuren zu planen und dann mutig anzugehen.“ Es ist ein frommer Wunsch, den der Umweltrat kürzlich geäußert hat. Dabei handelt es sich bei diesem Gremium im Gegensatz zur Deutschen Umwelthilfe tatsächlich um eine staatliche Institution. Die Bundesregierung ernennt alle vier Jahre sieben Sachverständige, die dem Kabinett regelmäßig Gutachten mit Handlungsempfehlungen vorlegen.

Die aktuell veröffentlichten 218 Seiten behandeln den Verkehrssektor. Man darf sich fragen, wie sinnvoll dieser Aufwand gewesen ist, angesichts einer CSU, die einer Wählerklientel hinterherhechelt, die den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel für ein „grün-versifftes“ Hirngespinst hält, einer SPD, die vor allem mit sich und der vermeintlichen Befriedigung ihrer verbliebenen Restzielgruppe beschäftigt ist und einer Regierungschefin, die sich von ihrem Vorvorgänger Kohl vor allem das Aussitzen abgeschaut hat.

Kernaussagen des Gutachtens

Trotzdem verweise ich an dieser Stelle auf die Kernaussagen des Gutachtens, quasi als Checkliste der Versäumnisse, zur Wiedervorlage in drei Jahren, wenn der nächste Wahlkampf beginnt. Denn Umweltpolitik – nicht Migration – ist das entscheidende Politikfeld der nächsten Jahrzehnte:

  • „Eine innovative und nachhaltige Verkehrspolitik ist nicht nur ein umwelt- und klimapolitisches Gebot, sondern auch eine zentrale Bedingung für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie.“
  • „Erforderlich ist, dass sich Mobilitätsmuster und die Organisation des Verkehrs in weiten Bereichen verändern.“
  • „Der Bundesverkehrswegeplan 2030 verfehlte […] elf der zwölf von der Bundesregierung aufgestellten Umweltziele.“
  • „Zentrale strategische Weichen für die Verkehrswende sollten in der neuen Legislaturperiode gestellt werden.“
  • „Prioritär sollte das Ende der Dieselprivilegierung eingeleitet werden.“
  • „Die Grenzwerte sollten sich zukünftig am Realverbrauch auf der Straße orientieren und nicht lediglich Messergebnisse auf dem Prüfstand berücksichtigen.“
  • „Um die Kostenwahrheit im Verkehr zu fördern und CO2-Emissionen zu vermindern, sollte die in der letzten Legislaturperiode beschlossene Pkw-Maut zu einer streckenabhängigen Maut fortentwickelt werden.“
  • „Aufgrund der vielfältigen Vorteile der Elektromobilität wäre eine Strategie der Technologieneutralität im Straßenpersonenverkehr verfehlt.“
  • „Da ungefähr 85 Prozent aller Ladevorgänge im privaten Bereich stattfinden, sollten bindende Vorgaben für die Bereitstellung von Ladeinfrastrukturen bei Neubauten auf EU-Ebene gemacht werden.“
  • „Bereits durch die Elektrifizierung eines Drittels des deutschen Autobahnnetzes (d.h. ca. 4.000 km) [könnte] ein elektrischer [Lkw-]Fahranteil von circa 60 Prozent erreicht werden.“

Bereitstellung eines ‚Kreislaufpasses‘

  • „Die Bundesregierung sollte die Zulassung neuer Fahrzeugtypen (aller Antriebs- und Fahrzeugarten) mit der Bereitstellung eines ‚Kreislaufpasses‘ verknüpfen, in dem die Hersteller Informationen zu Rohstoffen, Demontagepläne und eine Verwertungsplanung zur Verfügung stellen.“
  • „Im ländlichen Raum ist die Mobilität durch den Linienverkehr vielfach kaum gewährleistet […]. Als Antwort darauf entstehen flexible Bedienformen und ehrenamtliche Angebote, die allerdings teilweise vor genehmigungsrechtlichen Hürden stehen. Klassische flexible Bedienformen, wie zum Beispiel Rufbusse, [sollten] sicher genehmigungsfähig [sein].“
  • „Auf nationaler Ebene empfiehlt [sich] eine Abschaffung der steuerlichen Privilegierung von Schiffskraftstoffen als ersten Schritt hin zu mehr Kostenwahrheit.“
  • „Der Ausschluss der Kerosinbesteuerung in bestehenden bilateralen Luftverkehrsabkommen sollte revidiert werden. Sinnvoll wäre es zudem, die Luftverkehrsteuer weiterzuentwickeln und sie nach Klimawirkung differenziert auszugestalten.“
  • „Damit der zusätzliche Strombedarf auch tatsächlich treibhausgasarm gedeckt werden kann, ist der Ausbau der erneuerbaren Stromgestehungskapazitäten deutlich zu beschleunigen. Die mit dem EEG 2017 angestrebten Zubauraten sind für eine Umstellung der Energiebasis auf erneuerbaren Strom nicht ausreichend.“
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