Urteil: Keine Staatshaftung für Dieselgate

In vier Fällen entschieden Frankfurter Richter, dass Deutschland seine Kontrollpflichten gegenüber den Herstellern nicht verletzt hat. Die verantwortlichen Behörden hätten nicht mit der Manipulation rechnen können.

Ein Werkstattmitarbeiter führt im Rahmen einer Abgasuntersuchung eine Endrohrmessung durch.
Bild: Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe

Diese Rubrik trägt zwar den Untertitel „Autos vor Gericht“. Das ist in vier vor dem Landgericht Frankfurt verhandelten Fällen aber nur die halbe Wahrheit. Mal wieder ging es in einem deutschen Verhandlungssaal um Dieselgate; Schadensersatz sollte aber diesmal nicht der Hersteller, sondern der Staat zahlen. Doch die Richter entschieden, dass Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Diesel-Pkw der Marken Audi und VW keine Entschädigung von der Bundesrepublik Deutschland verlangen können (LG-Az.: 2-04 O 425/19, 2-04 O 449/19, 2-04 O 455/19 und 2-04 O 123/20).

Ansprüche aus einer Staatshaftung kommen laut Urteil nur in Betracht, wenn Deutschland seine Kontrollpflichten in so genannter „qualifizierter Weise“ verletzt hätte. Das Vertrauen des für die Typgenehmigung zuständigen Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) in die Richtigkeit der Emissionsangaben der Hersteller sei kein solcher Verstoß. „Dass der namhafte Hersteller des Fahrzeugs, an dessen Konzernmutter das Land Niedersachen aktienrechtlich erheblich beteiligt ist, Messungen mithilfe der Abschalteinrichtung manipulierte, war bis Herbst 2015 wohl eher als abwegig anzusehen“, heißt es im Urteil.

Zudem fänden Individualinteressen, „vor allem das Vermögensinteresse von Kraftfahrzeugerwerbern“, in EU-Normen keine Erwähnung. Deutschland habe die Richtlinie 2007/46/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen ordnungsgemäß in nationales Rechts umgesetzt. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hätten einen Ermessenspielraum, welche Sanktionen sie bei Verstößen gegen die Richtlinie festlegen, erklärte die Kammer.

In Deutschland sei nicht nur die Möglichkeit der Rücknahme der Typengenehmigung geschaffen worden. Die Nichtbeachtung der einschlägigen Regelungen des Straßenverkehrsgesetzes könne auch als sanktionsbewehrte Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Schließlich könne das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit manipulierter Software grundsätzlich auch einen Betrug darstellen und strafrechtliche Folgen haben. Die Dieselfahrer müssten daher die Fahrzeughersteller auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

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