Informationspflicht über Rückrufaktionen

Bezeichnet sich eine Werkstatt als Spezialist für eine Marke, muss sie den Kunden über sicherheitsrelevante Aktionen in Kenntnis setzen.

Der Servicemitarbeiter eines Kfz-Betriebs bespricht mit der Kundin im Rahmen der Dialogannahme die durchzuführenden Arbeiten an ihrem Fahrzeug.
Bild: ProMotor/Volz

Bezeichnet sich ein Kfz-Betrieb als Fachwerkstatt für Fahrzeuge einer bestimmten Marke, muss er auch bei einer „kleinen Inspektion“ prüfen, ob das Fahrzeug von einer Rückrufaktion wegen sicherheitsrelevanter Mängel betroffen ist. Diese Informationspflicht hat das Oberlandesgericht Hamm im Februar 2017 einem Unternehmer auferlegt (Az. 12 U 101/16).

Im Streitfall ging es um einen Dodge Ram Truck 1500, der als „Grauimport“ nach Deutschland kam. Für Dodge-Modelle gibt es kein eigenes Servicenetz in Deutschland. Dennoch pries sich die Werkstatt in der Außendarstellung als autorisierte Service-Fachwerkstatt für Dodge-Modelle an. Ab Februar 2013 fand eine Rückrufaktion u.a. für das Modell des Klägers statt. Problem war eine nicht ausreichend gesicherte Mutter im Getrieberad der Hinterachse.

Eine aktive Mitteilung des Herstellers über diesen Umstand gab es nicht. Weder die Werkstatt noch der Kunde wussten also im Oktober 2013 Bescheid, als der Kläger sein Fahrzeug in die Obhut der Beklagten gab. Somit wurden die notwendigen Reparaturarbeiten am Fahrzeug nicht durchgeführt. Prompt erlitt das Fahrzeug im April 2014 erhebliche Beschädigungen, weil die Hinterachse während der Fahrt blockierte.

Werkvertragsrecht vs. Produkthaftungsgesetz

Die Werkstatt versuchte sich mit dem Produkthaftungsgesetz zu rechtfertigen. Dort werde sie gar nicht erwähnt. Im Gesetzestext sei nur vom Hersteller oder Importeur, bzw. deren Bevollmächtigten die Rede. Daraus ergebe sich, dass nicht sie für den Schaden hafte. Die Entscheidung des Klägers, ein Fahrzeug als Grauimport zu erwerben, habe das Risiko beinhaltet, dass das Gefahrenmanagement gesetzlich nicht abgesichert sei. Eine Verurteilung der Werkstatt würde bedeuten, dass sie ihrer Informationspflicht künftig schneller nachkommen müsse als das Kraftfahrt-Bundesamt. Die Behörde hatte die Informationen zum Rückruf erst im April 2015 veröffentlicht.

Die Argumentation ließ das Gericht nicht gelten. „Die Beklagte hat eine ihr aus dem Werkvertrag obliegende Pflicht verletzt, indem sie es unstreitig unterlassen hat, die Klägerin – nach Überprüfung der Internetseite des Fahrzeugherstellers […] – über das Bestehen des ‚Safety Recall N08‘ zu informieren.“ Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass es sich bei dem Kundenfahrzeug um einen Grauimport handelte. In der Werbung für das Unternehmen seien die eigenen Kompetenzen nicht auf in Deutschland vertriebene oder offiziell importierte Fahrzeuge beschränkt worden. Den erlittenen Fahrzeugschaden in Höhe von ca. 6.800 Euro muss die Werkstatt also ersetzen.

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